Man könnte meinen wir haben auf unsere Reise schon alle möglichen Verkehrsmittel genutzt. Per Flugzeug, Auto, Schiff, Bus, Moped, zu Land, zu Wasser und in der Luft waren wir unterwegs. Auf Java kommt noch eines dazu – wir entdecken die Eisenbahn! Das Zugnetz ist hier aufgrund der Bevölkerungsdichte bestens ausgebaut, die Züge sauber, modern und schnell. Ohne unsere Zwischenstopps festgelegt zu haben, betreiben wir quasi Hop-on Hop-off mit der indonesischen Eisenbahn durch Java. Train hard, sozusagen.
Unser erster Halt: Die Hafenstadt Surabaya. Zugegeben, es gibt hier eigentlich nichts zu sehen aber wir finden da dieses unverschämt schicke Hotel zu einem unverschämt günstigen Preis – und es liegt ja am Weg. Das Hotel ist tatsächlich sehr, sagen wir mal, nobel. Wir sind Mr. Daniel und seine Begleitung, uns wird die Stoffserviette vor dem Essen auf den Schoß gelegt und im 21. Stock befindet sich eine Rooftop Bar mit Blick über die ganze Stadt. Während wir dort oben sitzen und die Gebete des Muezzins dumpf aus der Ferne wahrnehmen, lernen wir Klaus kennen. Klaus ist Steirer, beruflich in Surabaya und als Geschäftsmann vermutlich die Art von Gast, die in solchen Hotels wohnt. Die andere Art lernen wir später in der Lobby kennen. Dort wird jeden Tag aufs übertriebenste dekoriert, installiert und verziert. Schleifen, Teppiche, Stuhlbezüge und Tülltischdecken in allen Farben zieren die Hallen, Blumenbouquets aus weißen Rosen, nein ganzen Rosengärten, schmücken die Tische. Der siebzehnte Geburtstag scheint hier etwas Besonderes zu sein – den üppigen Kleidern der Gäste zufolge lässt man sich den jugendlichen Jubeltag für seine Töchter hier gerne etwas Kosten.
Wir entfliehen dem Prunk ins genaue Gegenteil. In Semarang hat das Slum Kampung Pilangi, oder auch Rainbow Village, aufgrund seiner bunt bemalten Häuser Berühmtheit erlangt. Durch die kunstvolle Gestaltung des Armenviertels erhofft sich die Stadt einen erhöhten Besucherstrom. Wir sind erstaunt, dass so eine einfache Idee, so viel Wirkung haben kann. Denn wie ein Armenviertel kommt es uns hier gar nicht vor, und auch die Bewohner und Kinder freuen sich über unseren Besuch, nachdem wir verhalten Fragen, ob wir ihre Häuser denn fotografieren dürfen. Dass es sich um ein Armenviertel handelt, wird erst klar, wenn man die bunten Farben „weglässt“.
Unser letzter Halt auf Java ist das Sultanat Yogyakarta im Süden. Eine große, chaotische, indonesische Stadt in der die schwüle Hitze und die vielen Mopeds die Straßen beherrschen. Neben dem Sultan- und dem Wasserpalast ist Yogya, wie es die Einwohner nennen, vor allem als Hauptstadt des Batiks bekannt. Als wir im Zentrum alle fünf Meter auf eine „Ausstellung“ von Batikkünstlern aus dem ganzen Land aufmerksam gemacht werden, sind wir ja schon misstrauisch, als wir aber von der Straße auf einen Dachboden zur Begutachtung des kunstvollen Handwerks „eingeladen“ werden verzichten wir lieber dankend. Batik ist ohnehin seit 2002 out oder? Wir sind schließlich wegen ganz anderen kulturellen Höhepunkten hier.
Die Tempelanlagen Borobudour und Prambanan befinden sich außerhalb der Stadt und sind nur mit eigenem Fahrer zu erreichen. Unserer heißt Tony und holt uns um drei Uhr nachts ab, der Blick auf den Tempel bei Sonnenaufgang soll der Wahnsinn sein. Bei uns ist er eher wahnsinnig bewölkt. Dafür kommen wir mit Tony ins Gespräch.
Es stellt sich heraus, dass er in unserem Alter ist, auf Marvel-Filme steht, gerne One Direction und Louis Tomlinson hört und großer Fan von Lionel Messi ist. Er arbeitet untertags in einem Hotel und zum Sonnenaufgang, wie jetzt für uns, als Fahrer. Seine Augen beginnen aber erst zu leuchten, als er uns von seiner kleinen Tochter und seiner Frau erzählt. Stolz zeigt er uns Bilder, erklärt uns wie vollkommen sein Leben ist und wie sehr er seine Familie liebt. Wie viele junge indonesische Männer wurde ihm auch schon angeboten auf einem großen Kreuzfahrtschiff zu arbeiten, das ist allerdings keine Option für ihn. Denn die Welt erkunden, so wie wir es tun, würde er zwar auch gerne, aber er ist jeden Tag glücklich und zufrieden, wenn er Zeit mit seiner Familie verbringen kann.Die Freude steht ihm während seinen Erzählungen ins Gesicht geschrieben und uns werden drei Sachen bewusst, während wir durch das Autofenster auf die Straßen von Yogya schauen: 1. Uns geht es echt gut, 2. Wir freuen uns auch schon wieder auf unsere Familien und 3. Tony ist einer der reichsten Menschen, die wir auf dieser Reise treffen werden.